Orchesterstimmung

Die heute als Orchesterstimmung bezeichnete Quartstimmung E-A-D-G wurde erstmals von B. Bismantova im Jahre 1694 erwähnt, als Alternative zu der von ihm favorisierten Kontrabass-Stimmung G-A-D-G. Obwohl sie zwischen 1750 und 1790 in Frankreich verbreitet war, sollten noch weitere 100 Jahre vergehen, bis sie sich als Standard durchsetzen konnte. Vorher gab es unterschiedliche Präferenzen, überwiegend für die Quintstimmung in der drei- und der viersaitigen Variante. Heute dürfte der größte Teil aller Kontrabässe auf E-A-D-G gestimmt sein, wie es in nahezu allen Schulbüchern und Nachschlagewerken verzeichnet ist.

Der große Vorteil der Orchesterstimmung liegt darin, dass weniger Lagenwechsel erforderlich sind als mit der Quintstimmung, weshalb ein großer Teil der Literatur damit bequem spielbar ist. Auch der Tonumfang wird vielen Orchesterwerken gerecht. Seit dem immer stärkeren Aufkommen dieser Stimmung im 19. Jahrhundert haben etliche Komponisten darauf Rücksicht genommen, was allerdings nicht selten zu schlechten musikalischen Kompromissen führte, beispielsweise in den Werken von J. Brahms, der melodische Linien sogar unterbrach, wenn sie unter Kontra-E führten.

Aus diesem Grund sowie um den Anforderungen alter Musik entsprechen zu können, „erfand“ Carl Otho um 1880 den fünfsaitigen Kontrabass mit der Stimmung C-E-A-D-G und ließ sich diesen als Patent eintragen.

Die damalige Begeisterung der Dirigenten über das neue Instrument (siehe Gastbeitrag „Der fünfsaitige Contrabass“) konnten und können auch heute noch dessen Spieler nicht uneingeschränkt teilen. Nicht selten verbindet sie eine Art „Hassliebe“ mit dem Fünfsaiter. Einerseits ist damit kein Verzicht mehr auf wichtige Noten bzw. deren Oktavierung erforderlich (es gab sogar Anleitungen, welche Töne in welcher Oktavlage zu spielen waren!), und bisweilen ist es ein wahrhaft königliches Gefühl, mit den tiefsten Tönen gewissermaßen das Orchester von unten zu „beherrschen“. Andererseits ist dieses Instrument alles andere als leicht zu spielen. Das liegt daran, dass durch den höheren Saitenzug und die größere Masse des Steges die Ansprache und auch der Klang schlechter sind und außerdem die Saiten näher beisammen liegen, was das Spiel sowohl für die linke als auch die rechte Hand deutlich erschwert. Dies bemängelte bereits Franz Simandl in seiner Methode. Gustav Laska war von dem Fünfsaiter ebenfalls wenig begeistert und schrieb um das Jahr 1920:

„Was die fünfsaitigen Bässe anbelangt, so bin ich ein entschiedener Gegner derselben. Alle Herrn, welche sie bevorzugen, fast alle Kapellmeister denken nur an die tiefen Töne, welche dem viersaitigem Basse fehlen, nicht aber an die immensen Schwierigkeiten, die mit dem Spielen des fünfsaitigen Basses verbunden sind. Ich habe noch keinen Kontrabassisten gefunden, der mir sagte, er spiele mit Vorliebe auf dem fünfsaitigen Ungetüm. Immer klagen die dazu Verurteilten über das breite Griffbrett und über das Riesenausstrecken der linken Hand, um die C-Saite fest und gut fassen zu können. Wie das anstrengt und ermüdet, davon haben gewöhnliche Sterbliche keinen Begriff! Auch können die drei Mittelsaiten und zwar D, A und E nicht kraftvoll gestrichen werden aus Vorsicht, um nicht die Nachbarsaiten mit anzustreichen. Alle Passagen auf dem „Dickhals“ sind schwer auszuführen.“

Als Alternative zum Fünfsaiter wurden Konstruktionen zur Verlängerung der tiefsten Saite über den Wirbelkasten hinaus entwickelt. Karl Pittrich aus Dresden, G. A. Buschmann und der Berliner Max Poike stellten Mechaniken her, die bemerkenswerterweise in Deutschland – anders als in den USA und England – nur wenige Anhänger gefunden haben.

Heute spielen etwa 20% aller Orchesterbassisten einen Fünfsaiter (dessen tiefste Saite in Deutschland auch auf Subkontra-H gestimmt wird) oder ein Instrument mit der sogenannten C-Extension, während von allen anderen ausschließlich die Stimmung E-A-D-G verwendet wird, wenn man von einer Handvoll begeisterter Anhänger der wiederbelebten Quintstimmung absieht.