Neue Niederländische Schule

 

Hans Roelofsen


Eduard Madenski (1877-1923)

Die „Neue Niederländische Schule“ – so bezeichne ich die Spielweise des niederländischen Kontrabass-Solisten Hans Roelofsen – geht zurück auf Domenico Dragonetti (1763-1846), F.C. Franke (ca. 1820-1880), Eduard Madenski (1877-1923) und Friedrich Warnecke (1856-1931), jedoch ohne dass Roelofsen zunächst von diesen Vordenkern gewusst hätte. Denn als jugendlicher E-Bassist hat er es ganz natürlich gefunden, auch auf dem Kontrabass in einem diatonischen System von einem Ton zum anderen zu „laufen“ unter Benutzung aller vier Greiffinger bei flexibler Beweglichkeit. Unterstützt wurde er darin von seinem Lehrer Anthony Woodrow. Ganz neu und wahrhaft revolutionär allerdings mutet Roelofsens Methode an, auch im Bereich des Daumenaufsatzes die Vier-Finger-Technik einzusetzen, also auch den kleinen Finger. Doch auch das war nicht neu, denn bereits Eduard Madenski (1877-1923) hatte diese Spielweise in seiner Methode propagiert, allerdings ohne dass sie prominente Nachahmer gefunden hätte.

In der Summe der Neuerungen ist Hans Roelofsen also ein wahrhafter Pionier, zumal er auch zu der Erkenntnis gelangte, dass ein (sehr) schwerer Bogen erhebliche klangliche Vorteile bringt und der Größe sowie der physikalischen Verhältnisse des Kontrabasses nur angemessen ist.

Über Hans Roelofsen

Hans Roelofsen schloss sein Studium am Amsterdamer “Sweelinck-Konservatorium” mit der Auszeichnung „Cum Laude“ ab. Er führte seine Ausbildung bei Anner Bijlsma fort und absolvierte sie mit dem “Prix d’ Excellence“. 1979 war er der erste Kontrabassist, dem der „Niederländische Musikpreis“ zugesprochen wurde. Roelofsen nutze eine Teilzeit-Solostelle, um weiterführende Studien bei Gary Karr zu unternehmen. Mit dem Ziel, den klassischen Kontrabass aus seiner Beschränkung auf das Orchester zu befreien, wurde er zu einem Neuerer, indem er Ansätze verfolgte, die auf allen Streichinstrumenten Gültigkeit haben. Roelofsen teilte sich die Solobass-Position im Niederländischen Philharmonischen Orchester mit Rudolf Senn und hat als Professor am Rotterdamer Konservatorium und an der ArtEZ Messiaen Academy zahlreiche Schüler ausgebildet, von denen etliche führende Musiker in bedeutenden Orchestern oder Professoren an Musikhochschulen wurden.

Roelofsen trat als Solist mit Orchestern in großen Konzertsälen Europas, der Vereinigten Staaten und Südamerikas auf. Er spielte Kammermusik mit Yehudi und Hepzibah Menuhin, Tibor Varga, Vadim Repin, Yuri Bashmet, Menahem Pressler, Maria Jõao Peres, Mûza Rubackyté, Augustin Dumay, Colin Carr, dem Prazak-, Skampa-, Fine Arts- Orlando-, Prakanyi-, Leipzig- St. Petersburg- und Vilnius Quartett.

Roelofsen hat an zahlreichen Festivals und Workshops teilgenommen, nahezu 100 Transkriptionen für Kontrabass von hochrangigen Werken geschaffen, war Juror internationaler Musikwettbewerbe und ist künstlerischer Leiter der Tindal-Stiftung.

Hans Roelofsen spielt einen eigens für ihn angefertigten Bass und ein nach einem Violone des 17. Jahrhundert rekonstruiertes Instrument von Jaap Bolink.